Nun ist in den vergangenen Wochen zum zweiten Mal der Kreisseniorenrat direkt gewählt worden – und kaum jemand hat es mitbekommen.
Dies ist einer der vielen Gründe sich über die Sinnhaftigkeit dieses weiteren Parlaments Gedanken zu machen. Die grüne Kreistagsfraktion hat ihre Zweifel an Sinn und Legitimation der Seniorenratswahl nach Bekanntgabe der Wahlbeteiligung und des Ergebisses öffentlich gemacht.
Gegenüber der ersten Wahl 2016 sank die Zahl der Kandidat*innen von schon damals unzureichenden 35 auf 28. Weder aus Angelburg, Breidenbach und dem Ebsdorfergrund, noch aus Neustadt und Wohratal, gab es Kandidaten, die Wahl musste dort also ausfallen. In Gladenbach und Lohra gab es jeweils für zwei Plätze nur einen Bewerber. Eine echte Wahl zwischen mehreren Bewerber*innen gab es nur in Kirchhain bei drei Bewerbungen für zwei Plätze, Lohra und Wetter mit jeweils zwei Bewerbungen auf einen Platz. In den anderen Kommunen gab es gerade mal so viele Bewerbungen wie Plätze, so dass die Angetretenen auch in den Kreisseniorenrat gewählt wurden, wenn sie nur nicht mehr Nein- als Ja-Stimmen bekamen.
Von 45.935 Wahlberechtigten nahmen nur 7.552 an der Wahl teil und nicht mehr als 8.000, wie es am 18. April in der OP zu lesen war. Dies entspricht einer Wahlbeteili-gung von nur 16,4 Prozent und nicht von knapp 17,5 Prozent. Manche, die bei der Premiere der Wahl 2016 gedacht hatten, das damalige Fiasko mit 18 % sei nicht mehr zu unterbieten, wurden damit eines Besseren belehrt.
Nur knapp 13 Prozent der Senior*innen nahmen in Gladenbach an der Wahl teil und selbst in der Stadt Amöneburg mit der höchsten Wahlbeteiligung blieben 77 Prozent der Wahl fern. Somit ist der Kreisseniorenrat bei dieser Wahl noch schlechter legitimiert als bei der Wahl 2016.
Die Bewerbungen waren auf der Homepage des Landkreises vorgestellt worden, jedoch ohne dass dort eine etwaige Parteizugehörigkeit benannt wurden. Doch diese liegt bei der Mehrzahl der Kandidaten vor. Angesichts dieser Fakten erscheint keine demokratische Repräsentierung der älteren Bürger gegeben.
Dabei
stellt sich ohnehin die Frage, inwieweit eine der stärksten
Bevölkerungs-gruppen, die in den Parlamenten eher überrepräsentiert ist und
dazu schon zuvor
einen Beirat als Interessenvertretung hatte, eine solche zusätzliche Vertretung
benötigt. Für Kinder und Jugendliche, Behinderte und ausländische Mitbürger ist
diese ja durchaus erwünscht und dienlich.
Somit summieren sich zweifelhafte Sinnhaftigkeit und mangelhafte Wahlordnung zu der mangelnden Bekanntheit der Kandidaten und gar fehlenden in einigen Orten. Ergebnis sind die geringe Wahlbeteiligung und damit ungenügende Repräsentierung der älteren Bürger. Der in der OP geäußerten Befürchtung eines älteren Mitbürgers, „dass hier Geld und Ressourcen für eine pseudodemokratische Maßnahme ausgegeben werden,“ ist aus Sicht der Grünen im Kreistag nichts hinzuzufügen.
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