Große Koalition im Kreistag versorgt ihre Abgeordneten

Kreistagssitzung | 27.3.2015  Die große Koalition aus SPD und CDU macht sich Sorgen, dass ihre besonders fleißig Sitzungen besuchenden Abgeordneten finanziell nicht genügend entschädigt werden und hat daher die Aufhebung der wesentlichen Begrenzungen gegen die Stimmen der Opposition beschlossen. Damit wird zusätzlich in die Kreiskasse gegriffen und der Kreistag künftig die Allgemeinheit €270.000,- kosten. Und das Ungleichgewicht zwischen einfachen Parlamentarieren in den kleinen Kommunalen Parlamenten, die zwischen € 5 und € 15 pro Sitzung bekommen und deren Zahl auf 1 oder 2 pro Monat begrenzt ist, wird noch erheblich größer.

Zu diesem Thema nahm ich für die grüne Fraktion wie folgt Stellung:

„Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren,

der SPD-Abgeordnete Ruffert hat, wie er sagt, dem Kreistag zwar so viel Papier zur Änderung der Entschädigungssatzung vorgelegt, dass 5 Minuten Redezeit tatsächlich eine sportliche Vorgabe sind, aber wie er selbst feststellt, sind es nur drei Kernpunkte, für die Kreistagsabgeordneten letztlich eine Änderung nur in zwei wesentlichen Punkten: Sowohl die Zahl der entschädigungsfähigungen Sitzungen am Tag, als auch die der Fraktionssitzungen im Jahr sollen künftig unbegrenzt sein.

Alle, die kommunalpolitisch aktiv sind oder waren, kennen das seit jeher: Die Zahl der Fraktionssitzungen, für die eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird, ist begrenzt. In den kleinen Gemeinden sind es oft pro Monat eine, in manchen auch zwei, oft auch niedriger, da in 13 Wochen, also in einem Viertel des Jahres – in den Ferienzeiten – in der Regel keine Sitzungen stattfinden. Mehrere Sitzungen pro Tag können oft nicht abgerechnet werden und ein Betrag von € 10-/ Sitzung sind nicht unüblich, meine Damen und Herren.

Die Begrenzung schreibt der Gesetzgeber in der HGO analog in der HKO in
§ 27 Abs. 4 Satz 3 vor. (4) Die Vorschriften der Abs. 1, 2 und 3 Satz 1 und 2 sind auch auf Fraktionssitzungen anzuwenden. […]. Die Zahl der ersatzpflichtigen Fraktionssitzungen pro Jahr ist durch Satzung zu begrenzen.“ Daher nun der vorgelegte Änderungsantrag mit einer Begrenzung.

100 Fraktionssitzungen pro Jahr sollen nun statt bisher 48 entschädigungsfähig sein. Die Absurdität dieser Zahl wird überdeutlich, wenn wir die theoretischen Maximalkosten anschauen: Über € 100.000,-/a oder aber die Zahl der außerhalb der Ferienzeiten dafür notwendigen 2-3 Fraktionssitzungen pro Woche. Es geht also ganz klar nicht um eine Begrenzung der Fraktionssitzungen, sondern offen darum den Gesetzgeber auszutricksen, dessen Intention Hohn -meist mit dem flappsigen Kommentar „Demokratie kostet eben Geld“ – zu sprechen und eine Alibizahl in die Entschädigungssatzung zu schreiben, meine Damen und Herren.

Ein Kommentar der Friedrich-Ebert-Stiftung zu dieser Vorschrift folgt der Intention des Gesetzgebers und führt aus: „Sitzungsgeld kann auch für die Teilnahme an Fraktionssitzungen gezahlt werden. In der örtlichen Haupt- oder Entschädigungssatzung sind die Art und Anzahl der Fraktionssitzungen, für die ein Sitzungsgeld gezahlt wird, festzulegen. Damit soll verhindert werden, dass zu Lasten der Gemeindekasse „un“begrenzt Fraktionssitzungen anberaumt werden, für die ein Sitzungsgeld zu zahlen ist.“ Genau dem will die Große Koalition nicht folgen, wie sie in der H&F-Ausschusssitzung dargelegt und entsprechend auch abgestimmt hat.

Fraktionen, die die Begrenzung bisher aufheben wollten, sind vor Gericht gescheitert. In einer aktuellen Entscheidung von 2013 sah ein Verwaltungsgericht darin keinen Verstoß gegen das Demokratieprinzip. Es stellte fest, dass mit 40 Sitzungen sich fast wöchentlich Fraktionssitzungen durchführen ließen und erkannte keinen Anhaltspunkt, dass die Fraktionsarbeit nicht ordnungsgemäß und auskömmlich organisiert werden könne.“

Wir senden daher ein fatales Signal an die Bürger, wenn wir uns mit dieser Satzung selbst unbegrenzte Abrechnungsmöglichkeiten einräumen, gerade im Hinblick auf eine in diesen Zeiten nötige Kostendisziplin, wo allerorten kommunale Steuern erhöht werden müssen. Wollen Sie wirklich solch ein Signal an die Bürger senden?

Und wir senden es auch an all die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker in den kleinen Parlamenten –  etwa 1.000 in den Gemiendevertretungen und -vorstände, in den Magistraten und Stadtparlamenten, die in der Regel mit einem Bruchteil sowohl in der Entschädigungshöhe, wie der Zahl der Sitzung eine ebenfalls gute Arbeit leisten und mit ihren Aufwandsentchädigungen eine ordnungsgemäße und auskömmliche Fraktionsarbeit gewährleisten. Wollen Sie wirklich solch ein Signal an all die ehrenanamtlichen Kommunalpolitiker senden?

Die Änderung der Entschädigungssatzung wird daher von unserer Fraktion entschieden abgelehnt. Die Alibigrenze von 100 Fraktionssitzungen macht mit Verlaub, Herr Kreistagsvorsitzender, den Vorschlag leider keinen Deut besser.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!“