Populäre, aber unehrliche Haltung zur Windkraft

Windkraft_und_Vogel_(c) Luise/pixelio.de
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Leider nehmen in den aktuellen Diskussionen über Windkraftplanungen immer wieder, wie auch im aktuellen Fall am Marburger Industriegebiet „Görzhäuser Hof“ , einige Kommunalpolitiker populäre, aber unehrliche Haltungen ein, die die Bürger gleich in mehrfacher Weise hinters Licht führen, statt über Fakten aufzuklären:

  1. wird so getan, als seien die aktuellen Planungen völlig überraschend.
  2. wird den Bürgern vermittelt, die kommunalen Parlamente und deren Spitze seien die richtigen Adressaten für deren Proteste.
  3. wird wahrheitswidrig unterstellt, die Genehmigungsbehörde würde die vorgebrachten Aspekte nicht prüfen oder gar aus Gefälligkeit ignorieren.
  4. wird der Eindruck vermittelt, wenn einem Investor oder Windkraftprojektierer, vor allem regionalen Stadtwerken, Waldbesitzern oder Bürgergenossenschaften das Projekt nur ordentlich verleidet wird, dann würde an diesem Standort schon nichts gebaut.

Überraschende Planung: Internationale und nationale Klima- und energiepolitischen Ziele finden ihren Niederschlag in der jeweiligen Regionalplanung. Für unsere Region ist dies die von Mittelhessen, die 2011 startete. Der Planungsprozess zum Teilregionalplan Energie seitens des Regierungspräsidiums Gießen (RP Gießen) war außerordentlich transparent. Schon vor der Aufstellung des Teilregionplans waren in Marburg die vier Standorte für Windenergie in der Diskussion, nachdem sie von OB Vaupel dem RP 2009 vorgeschlagen worden waren, wie auch die OP wiederholt berichtete: Zwei auf den Lahnbergen – Bürgeler Gleiche und Lichter Küppel – am Görzhäuser Hof sowie in Dilschhausen.

Es waren alle Kommunen in den Landkreisen einbezogen. Tausende Einwendungen von Bürgern, Verbänden, Kommunen und öffentlichen Stellen für und gegen Standorte wurden nach der ersten Offenlegung 2013 gesichtet und bearbeitet. Eine zweite Offenlegung fand 2015 statt. Eigene Planungen von Kommunen wurden entweder eingearbeitet oder kommunale Parlamente passten ihre dem Regionalplan an, wie im Falle der Stadt Marburg. Die potenziellen Standorte für Windenergie tauchen also nicht überraschend auf. Jeder Bürger konnte und erst recht jeder Kommunalpolitiker hat hier mitgewirkt.

Bürgerbeteiligung: Zusätzlich zu beiden Offenlegungen des Teilregionalplans 2013 und 2015 lud das RP am 1. Oktober 2014 zu einem Bürgerforum zur Windenergie in das Bürgerhaus von Buseck, zu dem 200 meist kritische Bürger kamen. Über die Regionalplanung hinaus gibt es auch im Genehmigungsverfahren die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung. Die kommunalen Parlamente sind an diesem jedoch nicht beteiligt.

Genehmigungsverfahren: Das baurechtliche Verfahren nach Bundesimmisionsschutzgesetz (BimschG) wird in unserer Region vom RP Gießen durchgeführt. Es ist eines der aufwändigsten und komplexesten überhaupt. Zu jedem erdenklichen Aspekt müssen Gutachten unabhängigere Experten vorgebracht werden, die von Fachleuten geprüft werden. Die rechtliche Überprüfung der Genehmigung wurde bisher fast in jedem Fall bestätigt.

Verhinderung: Gerade Investoren und Projektierer aus der Region stehen unter Beschuss von Kritikern. Doch wenn diese sich zurückziehen, ist die Tür für externe Investoren offen, denn weder die Ausbauziele noch die Windvorrangflächen sind mit diesem „Erfolg“ verschwunden. Ganz abgesehen davon, dass kaum jemand ernsthaft als Alternative eine andere Art Kraftwerk vor seiner Haustür haben möchte.